Urlaubsgewährung bei fristloser Kündigung

Kommt es zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wird häufig auch eine Freistellung unter Anrechnung des Urlaubes ausgesprochen. Hierdurch soll verhindert werden, dass Resturlaubsansprüche nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zusätzlich finanziell abgegolten werden müssen. Oft scheitert die Anrechnung der Urlaubsansprüche jedoch an formalen Voraussetzungen. In der Folge wurde der Arbeitnehmer zwar finanziell freigestellt. Der Resturlaubsanspruch blieb jedoch unangetastet und musste zusätzlich finanziell abgegolten werden. Besondere Schwierigkeiten in diesem Zusammenhang ergeben sich auch bei fristlosen Kündigungen, wenn diese vor dem Arbeitsgericht per Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen angegriffen wurden.

Variante: ordentliche Kündigung ohne Freistellung

Wird das Arbeitsverhältnis mit der gesetzlichen oder der vertraglichen Kündigungsfrist ordentlich beendet, bietet es sich häufig an, den noch bestehenden Urlaubsanspruch in der verbleibenden Zeit dem Arbeitnehmer zuzuweisen. Wenn der Arbeitnehmer den Urlaub nicht von sich aus nimmt, besteht seitens des Arbeitgebers die Möglichkeit, den Urlaub einseitig anzuordnen. Dies ist für den Arbeitgeber vorteilhaft, da er den Urlaub nicht noch zusätzlich finanziell abgelten muss. Hierbei sollten auf jeden Fall auch die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigt werden. Zudem sollte die Zuweisung des Urlaubes, wenn möglich mit einer ausreichenden Vorankündigung erfolgen. Zu beachten ist, dass das Urlaubsentgelt (also der Lohn während des Urlaubes) bereits bei Beginn des Urlaubs auszuzahlen ist.

Variante: ordentliche Kündigung mit Freistellung

Soll der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist von seiner Arbeitsleistung freigestellt werden, kann dies ebenfalls unter Anrechnung des noch bestehenden Urlaubsanspruches erfolgen. Die Zuweisung des Urlaubes muss eindeutig erfolgen. Zudem muss das Urlaubsentgelt (also der Lohn während des Urlaubes) bereits bei Beginn des Urlaubs ausgezahlt werden. Der Zeitraum der Urlaubszuweisung sollte die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen und mit ausreichender Vorlaufzeit erfolgen.

Durch folgende Formulierung könnte der Urlaub zugewiesen werden: Sie werden Ihren sämtlichen noch nicht genommenen Urlaub direkt im Anschluss an den Zeitpunkt des Zugangs dieser Kündigung in der Zeit vom xx.xx.xxxx bis yy.yy.yyyy nehmen. Sie erhalten für diese Zeit das ihnen gesetzlich zustehende Urlaubsentgelt ausgezahlt. In jedem Fall sage ich Ihnen für die Zeit Ihres Urlaubs die Urlaubsvergütung vorbehaltlos zu.

Variante: fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung mit Freistellung

Diese Variante war die rechtlich schwierigste Konstellation. Eigentlich wird durch die fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis sofort beendet. In diesem Fall ist der Urlaubsanspruch natürlich sofort finanziell durch den Arbeitgeber abzugelten.

Problematisch wird es, wenn die Kündigung von dem Arbeitnehmer durch Erhebung der Kündigungsschutzklage angegriffen wird. Ist die fristlose Kündigung unwirksam, behält der Arbeitnehmer seinen vollen Anspruch auf Urlaubsgewährung. Dies führt dann regelmäßig zu einer doppelten finanziellen Belastung des Arbeitgebers. Denn der Arbeitnehmer behält nach gewonnener Klage seinen vollen Lohnanspruch auch für die Zeit des Gerichtsverfahrens, in welcher er regelmäßig nicht beschäftigt wurde. Gleichzeitig bleibt aber auch der Urlaubsanspruch bestehen. Der Urlaub muss daher nachträglich noch gewährt werden.

Zur Vermeidung dieser doppelten finanziellen wurde vielfach der Versuch unternommen, für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung eine Freistellung unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen in der Kündigung zu erklären. Dies scheiterte jedoch häufig an formalen Fehlern.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

In seiner Entscheidung vom 25.8.2020 (Az.: 9 AZR 612/19) musste das Bundesarbeitsgericht nunmehr über die Wirksamkeit einer weiteren Variante einer vorsorglichen Freistellung mit Urlaubsanrechnung entscheiden.

In dem Fall wurde ein Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos gekündigt. Auf dieser Grundlage hat der Arbeitgeber den noch bestehenden Urlaubsanspruch auch finanziell abgegolten. Vorsorglich sprach der Arbeitgeber aber auch eine ordentliche Kündigung mit Kündigungsfrist aus und stellte den Arbeitnehmer zudem vorsorglich von der Erbringung seiner Arbeitsleistung frei. Weiterhin wurde zudem der Urlaub vorsorglich zugewiesen. Die Erklärung des Arbeitgebers hatte die folgende Formulierung:

Für den Fall der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung gelte ich Ihren bis zum Kündigungszeitpunkt nicht genommenen Urlaub ab. Für den Fall der nicht anzunehmenden Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung habe ich Ihnen hilfsweise ordentlich gekündigt. In diesem Fall gilt Folgendes:

Sie werden Ihren sämtlichen noch nicht genommenen Urlaub direkt im Anschluss an den Zeitpunkt des Zugangs dieser Kündigung in der Zeit vom 19.9.2017 bis 11.10.2017 nehmen. Die gezahlte Abgeltung ist dann als Zahlung des Urlaubsentgelts für den betreffenden Zeitraum zu verstehen. In jedem Fall sage ich Ihnen für die Zeit Ihres Urlaubs die Urlaubsvergütung vorbehaltlos zu

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 25.8.2020, 9 AZR 612/19

Es kam wie es häufig kommt: Die Parteien einigten sich vor dem Arbeitsgericht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit ordentlicher Kündigungsfrist. Zudem sollte das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungsdatum ordnungsgemäß abgerechnet werden. Auf dieser Grundlage verlangte der Arbeitnehmer nunmehr Zahlung des Lohns und Abgeltung seines Urlaubs.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Anspruch des Arbeitnehmers nicht statt. Denn durch die wirksame Erklärung in der Kündigung hatte der Arbeitgeber den Urlaub einseitig zugewiesen. Damit war der Urlaub verbraucht. Ein Anspruch auf finanzielle Urlaubsabgeltung bestand nicht mehr.

Fehler des gerichtlichen Vergleichs

Zu dem Problem des Arbeitgebers ist es nur gekommen, weil der gerichtliche Vergleich keine Anrechnung des Urlaubes vorgesehen hatte. Bei anwaltlicher Vertretung sollte eigentlich immer in gerichtlichen Vergleichen eine Anrechnung des bestehenden Urlaubes für die Zeit einer Freistellung vereinbart sein. Gleichzeitig sollte die tatsächliche Erklärung erfolgen, dass sämtlicher Urlaub bereits genommen wurde. Hätten die Parteien dies in dem gerichtlichen Vergleich berücksichtigt, hätte auch eine unwirksam Erklärung in der Kündigung keine Folgen gehabt. Der Vergleich vor Gericht war daher nicht vorteilhaft formuliert. Der Arbeitgeber hatte somit Glück im Unglück.

Möglichkeiten des Arbeitnehmer

Arbeitnehmer können der einseitigen Zuweisung des Urlaubes (vorsorglichen) widersprechen oder einen abweichenden Urlaubswunsch äußern. Wird die Arbeitsleistung dann auch noch zusätzlich vorsorglich angeboten, ist rechtlich wieder alles offen. Denn in diesem Fall wäre nun zu prüfen, ob die einseitige Zuweisung des Urlaubes durch den Arbeitgeber auch unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers rechtmäßig war. War sie rechtmäßig, wurde der Urlaub vollständig gewährt und muss nicht mehr abgegolten werden.

Oft reagieren Arbeitnehmer jedoch auf die einseitige Zuweisung des Urlaubes nicht. So auch in der vorliegenden Entscheidung. Der Arbeitnehmer wird dann so behandelt, als habe er die einseitige Zuweisung akzeptiert.