Der Mindestlohn für was?

Der Beispielfall

Der gesetzliche Mindestlohn beträgt gegenwärtig 8,84 €. Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber. Doch wie berechnet sich der Mindestlohn? Welche Zahlungen sind bei der Berechnung des Mindestlohns zu berücksichtigen? Sind auch Sonn- und Feiertagsarbeitszuschläge, Überstundenzahlungen oder Nachtarbeitszuschläge zu berücksichtigen? Hierzu ein Beispiel:

A arbeitet 40 Stunden die Woche. Vereinbart ist ein Stundenlohn in Höhe von 8,00. A erhält damit pro Woche 320,00 € Lohn. Dies ist zu wenig. Denn nach dem Mindestlohngesetz hätte A Anspruch auf eine Bezahlung von 353,60 €. Es ist jedoch vereinbart, dass A zweimal in der Woche nachts arbeitet, also zwischen 23:00 Uhr und 6 Uhr. A erhält hierfür einen Nachtzuschlag von 30 Prozent, also 2,40 € zusätzlich. Dies entspricht für beide Tage einen Zuschlag von 33,60 €. A würde somit in der Woche nunmehr insgesamt 353,60 € in der Woche erhalten? Dies entspricht nun exakt einer Vergütung nach dem gesetzlichen Mindestlohn! Ist dies Richtig?

Das Problem

Sind bei der Berechnung des Stundenlohns alle zusätzlichen Vergütungen zu berücksichtigen? Das Gesetz trifft hierzu keine Aussagen. Auch die Rechtsprechung verhält sich hierüber meist bedeckt und die Frage ist nicht eindeutig geklärt. Geklärt ist nur, dass Nachtarbeitszuschläge nicht verrechnet werden dürfen. Ungeklärt ist dies jedoch wiederum, wenn überdurchschnittlich hohe Nachtzuschläge gewährt werden (mehr als 30 Prozent). Zieht man das obige Beispiel erneut heran, führt dies zu folgender Konsequenz:

Zuschlag wird angerechnet:

40 Stunden Arbeit pro Woche á 8,00 € = 320,00 €

14 Stunden Nachtarbeit á 2,40 € = 33,60 €

Gesamtverdienst: 353,60 € (dies entspricht 8,84 € / Stunde und somit dem Mindestlohn).

Zuschlag wird nicht angerechnet:

40 Stunden Arbeit pro Woche á 8,00 € = 320,00 €

Dies entspricht 8,00 € / Stunde. A hat aber Anspruch auf 8,84 pro Stunde (Mindestlohn). A kann somit noch weitere 33,60 € verlangen.

Damit ergibt sich folgender Gesamtverdienst: 353,50 €

Es kommt aber nun noch der Zuschlag für die Nachtarbeit von 14 Stunden á 2,40 € = 33,60 € hinzu. Dieser durfte ja nicht berücksichtigt werden.

Es ergeben sich somit folgende Gesamteinnahmen: 387,20 €

Im vorliegenden Fall könnte A daher gerichtlich mehr Lohn verlangen, wenn man den Nachtzuschlag bei der Berechnung des Stundenlohns ohne Berücksichtigung lässt.

Die Praxis

Das Beispiel lässt sich auch für alle anderen Zuschläge weiterführen:

  • Sonn- und Feiertagszuschlag
  • Schichtarbeitszuschlag
  • Mehrarbeit und Überstunden
  • Schmutz- und Gefahrenzulage

Da die folgenden Leistungen keinen Vergütungscharakter haben, sind diese bei der Berechnung des Stundenlohns nicht zu berücksichtigen:

  • Halte- und Treueprämien
  • Aufwendungsersatzleistungen
  • Mankoprämien
  • Wege-, Werkzeug,- Reinigungs- und Kleidergeld
  • Vermögenswirksame Leistungen

Auch wenn schon die Berechnung des Stundenlohns an sich schwierig sein kann, lohnt es, sich einen Überblick über seinen Stundenlohn zu verschaffen und zu prüfen, ob damit die gesetzlichen Anforderungen an den Mindestlohn erfüllt wurden. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn verjährt nach 3 Jahren.