Elternzeit

Urlaub und Elternzeit

Das Ruhen des Arbeitsverhältnis

Das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ruht, wenn Arbeitnehmer „offiziell“ Elternzeit erhalten haben. Dies bedeutet, dass die Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung während der Elternzeit nicht besteht. Der Arbeitgeber kann seine Arbeitnehmer also nicht mehr zum Erscheinen verpflichten. Im Gegenzug erhält der Arbeitnehmer allerdings auch keinen Arbeitslohn mehr.

Ohne die gesetzliche Regelung einer Elternzeit müssten Arbeitnehmer, hier vor allem die Mütter, nach Ablauf der gesetzlichen Mutterschutzfristen wieder zur Arbeit erscheinen. Denn es gilt auch im Arbeitsrecht der Grundsatz: „Verträge sind einzuhalten“. Und aus dem Arbeitsvertrag folgt die vertragliche Pflicht zum Erscheinen auf der Arbeit. Egal ob gerade ein Kind zu erziehen ist oder nicht.

Urlaub während Elternzeit

Nach der gesetzlichen Regelung kommt es durch die Elternzeit nicht automatisch zu einer Kürzung des Urlaubes. Ein Arbeitnehmer erhält auch trotz bestehender Elternzeit seinen vollen Urlaubsanspruch.

War der Arbeitnehmer beispielsweise von Januar bis November in Elternzeit, könnte er nach seiner Rückkehr seinen vollen Urlaubsanspruch geltend machen, also mindestens 20 Tage bei einer Fünf-Tage-Woche.  Es könnte in dem Beispiel also für den gesamten Dezember Urlaub genommen werden.

Kürzung des Urlaubs

Allerdings haben Arbeitgeber die Möglichkeit, den Urlaub anteilig zu kürzen. Die Regelung findet sich in § 17 BEEG. Der Arbeitgeber kann hiernach

„den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen.“

Im vorherigen Beispiel könnte der Urlaub durch den Arbeitgeber also um 11/12 gekürzt werden. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen (bei einer Fünf-Tage-Woche) würde sich hierdurch also von 20 Arbeitstagen auf 2 Arbeitstage (aufgerundet) reduzieren. Der Arbeitnehmer könnte also im Dezember nur noch 2 Urlaubstage in Anspruch nehmen.

Kürzung muss erklärt werden!

Damit der Urlaubsanspruch entsprechend der vorgenannten Regelung reduziert wird, muss der Arbeitgeber eine entsprechende rechtsgeschäftliche Erklärung abgeben. Idealerweise wird die Erklärung schriftlich abgegeben. Damit kann auch später immer nachgewiesen werden, dass der Urlaub gekürzt wurde. Eine konkludente Erklärung ist aber auch möglich, also beispielsweise, wenn im Dezember nur 2 Tag Urlaub gewährt worden sind und beide Parteien davon ausgegangen sind, dass nicht mehr Urlaub zur Verfügung steht. Auch mündlich kann die Kürzung erklärt werden.

Aus Beweisgründen ist aber immer eine verschriftlichte Erklärung vorzuziehen. Die Erklärung muss auf jeden Fall auch zugehen. Hierfür ist der Arbeitgeber wieder beweisbelastet. Wenn der Arbeitnehmer den Zugang bestreitet und der Arbeitgeber dies nicht beweisen kann, gilt die Erklärung als nicht abgegeben. In der Folge ist der Urlaub nicht gekürzt worden.

Urlaubsabgeltung: Erklärung verspätet!

Ein praktisches Problem kann sich ergeben, wenn das Arbeitsverhältnis, beispielsweise durch Kündigung, endet. In diesem Fall wandelt sich ein ggf. noch bestehender Urlaubsanspruch in einem Anspruch auf finanzielle Abgeltung (§ 7 BUrlG). Diese „Umwandlung“ des Urlaubs in einen Abgeltungsanspruch erfolgt spätestens zum Beendigungsdatum. Das Bundesarbeitsgericht hatte entschieden, dass dem Arbeitgeber ab diesem Moment kein Kürzungsrecht aus § 17 BEEG mehr zusteht. Dann muss der volle Urlaub ungekürzt abgegolten werden.

Beispiel:
Der Arbeitnehmer ist von Januar bis November in Elternzeit. Er hat trotz der Elternzeit seinen vollen Urlaubsanspruch. Der Arbeitgeber hat bisher nicht erklärt, dass der Urlaub gem. § 17 BEEG um 11/12 gekürzt wird. Im Dezember hat der Arbeitnehmer keinen Urlaub genommen. Das Arbeitsverhältnis endet dann zum 31.12.
Der Arbeitnehmer verlangt ab dem 01.01 nun Abgeltung seines kompletten Jahresurlaubes. Der Arbeitgeber merkt nun, dass er den Urlaub noch nicht durch Erklärung gekürzt hat und will dies nun nachholen. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 05.07.2022 (Az.: 9 AZR 341/21) ist dies nun nicht mehr möglich. Denn nach dem Gesetz kann nur der Urlaub selbst gekürzt werden, aber nicht der Urlaubsabgeltungsanspruch. Urlaub und Urlaubsabgeltung seien zwei völlig verschiedene Ansprüche.

In der Folge muss der Arbeitgeber nun den gesamten Urlaub für das Jahr abgelten.

Für die Praxis

In der Regel dürften sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber die Ansicht vertreten, dass während der Elternzeit automatisch kein Urlaub „verdient“ wird. Daher dürfte es in der Regel hier zu keinen größeren Streitigkeiten kommen. Das Gesetz aber spricht hier eindeutig eine andere Sprache: Der Urlaub entsteht auch während der Elternzeit voll und muss durch ausdrückliche Erklärung gekürzt werden.

Damit Arbeitgeber auf der rechtssicheren Seite stehen, sollte stets automatisiert schriftlich mit nachweislichem Zugang eine anteilige Kürzung des Urlaubes durch die Elternzeit erklärt werden. Im bestehenden Arbeitsverhältnis kann der Arbeitgeber sein Kürzungsrecht vor, während und nach dem Ende der Elternzeit ausüben, jedenfalls sobald Elternzeit beantragt wurde. Ob auch im Arbeitsvertrag eine entsprechende Regelung aufgenommen werden kann, ist streitig. Daher sollte man sich hierauf nicht verlassen und eine Kürzung des Urlaubes stets in die Erklärung der Zustimmung zur Elternzeit aufnehmen.