Profifußballer vor dem Arbeitsgericht

Der Befristungsgrund wegen der Eigenart der Arbeitsleistung im Profifußball – Der Fall „Heinz Müller“

 

Die wenigsten Fußballfreunde werden sich bei Spielen der Bundesliga oder anderer Ligen zwischen den Toren in juristischen Gedanken zu den Verhältnissen zwischen den Fußballspielern und deren Vereine verlieren. Tatsächlich müssen aber auch Beckenbauer, Kahn, Müller und Co. „normale“ Arbeitsverträge mit ihren Vereinen schließen. Sie alle sind regelmäßig Arbeitnehmer im rechtlichen Sinne.

Der Arbeitnehmer steht nach allgemeiner Definition im Dienste eines anderen und ist zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Profifußballer stehen im Dienst ihrer Vereine und müssen ihre „sportliche Leistung“ weisungsgebunden erbringen. Dies bedeutet, dass der Verein entscheiden kann, wie er seinen Fußballspieler einsetzt. Es gibt in der Regel feste Arbeitszeiten und die Arbeitsleistung muss auch persönlich erbracht werden. Der Profifußballer kann nicht eine andere Person mit der Erbringung der Arbeitsleistung beauftragen.

 

Befristete Arbeitsverträge

In der Regel haben Fußballvereine in der ersten und zweiten Liga mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit angestellt. In der Regel sollten dies eigentlich mindestens 11 sein. Dies bedeutet, dass für Profifußballer das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Somit könnten die Arbeitsverträge mit den Fußballspielern in der Regel nur gekündigt werden, wenn ein betriebsbedingter oder ein verhaltens– oder personenbedingter Kündigungsgrund vorliegt. Für die Vereine würde dies somit in der Regel bedeuten, dass der Arbeitsvertrag mit den Fußballspielern regelmäßig bis zur Rente bestehen bliebe. Denkt man hierbei nun noch an den grundsätzlich bestehenden Beschäftigungsanspruch eines jeden Arbeitnehmers, dürften rechtlich gesehen auf den Spielplätzen bald Spieler nahe dem Seniorenalten spielen.

Um diese zu verhindern werden die Verträge mit den Profifußballern befristet. Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz können Arbeitsverträge ohne Sachgrund bis zu 2 Jahre befristet werden. Dies würde in der Regel jedoch für eine längere Spieldauer nicht ausreichen. Sollen die Arbeitsverträge für einen längeren Zeitraum befristet werden, muss daher ein im Gesetz benannter Sachgrund vorliegen. Die Arbeitsverträge mit Profifußballern werden daher in der Regel mit dem Sachgrund „Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt.

 

Der Rechtsfall

Mit einem solchen Fall musste sich zuletzt das Bundesarbeitsgericht beschäftigten. Der Fall nahm seinen Ausgang beim Arbeitsgericht Mainz und betraf einen Sachverhalt bei dem dort örtlich ansässigen Fußballverein.

Der klagende Fußballspieler war bei dem beklagten Verein seit 2009 als Lizenzspieler in der Funktion des Torwarts beschäftigt. Die Beschäftigung war zunächst bis zum 30.06.2012 befristet. Die Befristung wurde während des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2014 verlängert. Aufgrund einer Verletzung wurde der Kläger bei Spielen in der ersten Liga nicht mehr eingesetzt, sondern nur noch bei Spielen in der Regionalliga. Der Arbeitsvertrag wurde sodann nicht mehr verlängert. Der Kläger erhob hierauf unter anderem Entfristungsklage und begründete diese damit, dass kein Befristungsgrund nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz vorlag. Das befristete Arbeitsverhältnis wäre daher kraft Gesetzes unbefristet.

 

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 16.01.2018, Az.: 7 AZR 312/16) musste sich in seiner Entscheidung damit auseinandersetzen, ob der Arbeitsvertrag aufgrund des gesetzlichen Sachgrunde „Befristung wegen der Eigenart der Arbeitsleistung“ befristet werden konnte. Grundsätzlich istder Befristungsgrund wegen der Eigenart der Arbeitsleistung zurückhaltend anzuwenden. Denn nach der Wertung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes soll der unbefristete Arbeitsvertrag die Regel bilden. Ein Arbeitsverhältnis, das wegen der Eigenart der Arbeitsleistung befristet werden soll muss daher besondere Merkmale aufweisen. Es muss zudem dem Interesse beider Parteien, insbesondere des Arbeitgebers, dienen.

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Arbeitsbeziehung zwischen einem Fußballverein der 1. Bundesliga und einem Lizenzspieler Besonderheiten aufweisen, die regelmäßige geeignet seien um das Arbeitsverhältnis zu befristen. Der Fußballverein als Arbeitgeber erbringt einen kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußball für die Zuschauer. Da die Zuschauer Fußballspiele auf höchstem Niveau verlangen und Spitzenleistungen erwarten, findet im Profifußball der generelle Grundsatz, wonach angestellte Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung bis zum Rentenalter erbringen können und sollen, keine Anwendung. Ein Lizenzspieler kann eben gerade nicht bis zum Rentenalter eine sportliche Höchstleistung dauerhaft erbringen, sondern nur für eine von vornherein begrenzte Zeit. Zudem hat auch der Profifußballer ein Interesse daran, das sein Verein auf höchstem Niveau spielt. Daher  liegt die Befristung auch im Interesse jedes einzelnen Fußballspielers.

M. a. W.: Kein Profifußballer in der 1. Liga will in einer Seniorenmannschaft spielen. Deswegen müssen alle Verträge und insbesondere auch dann der eigene befristet werden. Ein Profifußballer verhält sich daher widersprüchlich, wenn er einerseits erwartet, in einem Top-Verein spielen zu können, also nicht in einem „Seniorenverein“. Andererseits aber dann erwartet, selbst bis zur Rente beschäftigt zu werden.

 

Fazit:

Die Entscheidung und die Begründung des Bundesarbeitsgerichts sind selbstverständlich viel umfangreicher. Der Fall zeigt aber, dass das Arbeitsrecht sowohl für den „kleinen Mann“ als auch für „Berühmtheiten“ gleichermaßen gilt. Vor dem „Arbeits-„Gesetz sind alle Arbeitnehmer „Gleich“. Der Fall zeigt aber auch, liest man die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Original, das es auf sehr viele Details im Arbeitsrecht ankommt. Diese zu beachten macht erst den Erfolg in einem arbeitsgerichtlichen Prozess möglich.