Meinungsfreiheit im Arbeitsrecht – Die Tücken von Facebook & Co.

Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Sie wird durch Art. 5 GG geschützt. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt. Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist (BVerfGE 5, 85 [205] – Lüth Urteil). Zwar sind Arbeitgeber nicht unmittelbar an die Grundrechte gebunden sind. Allerdings müssen die Gerichte bei der Abwägung der Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern die Grundrechte beachten.

Was war geschehen?

In einer etwas älteren Entscheidung Arbeitsgericht Herne vom 22.03.2016 (Aktenzeichen 5 Ca 2806/15) musste das Gericht das Recht des Arbeitnehmers auf freie Meinungsäußerung im außerdienstlichen Bereich gegen das Interesse des Arbeitgebers, nicht mit rechtsradikalen Äußerung seines Arbeitnehmers in Verbindung gebracht zu werden, abwägen.

Der Arbeitnehmer unterhielt einen privaten Account bei Facebook. Dort war er mit seinem Namen erkennbar. Zudem erwähnte er den Namen seines Arbeitgebers auf seiner Seite. Der Arbeitgeber war ein Steinkohlebergwerkbetreiber. Der Name des Arbeitgebers erschien hierbei ganz oben auf der Facebookseite. Am 05. Oktober 2015 kommentierte der klagende Arbeitnehmer auf der Facebookseite des Fernsehsenders nt-v einen Beitrag über einen Brand in einer Thüringer Asylunterkunft in der Nacht vom 04. Oktober 2015 mit der Überschrift „Drama in Thüringen: Leiche nach Brand in Asylunterkunft gefunden“ mit den Worten:

„hoffe das alle verbrennen,,, die nicht gemeldet sind.“

Aufgrund der technischen Einstellungen von Facebook wurde der Profilname und das Profilbild des Arbeitnehmers neben seinem Kommentar angezeigt. Wenn man zudem mit der Maus über das Profilbild fuhr, öffnete sich ein weiteres Fenster. Darin war das Profil des Arbeitnehmers zu sehen. Gleichzeit wurde dadurch auch der Name des Arbeitgebers angezeigt, der ganz oben in dem Profil des Arbeitnehmers eingetragen war.

Ein anderer Nutzer wurde hierauf aufmerksam und erkannte, dass der Name des Arbeitgebers hierdurch neben dem rechtsextremen Kommentar des Arbeitnehmers sichtbar wurde. Dies kommentierte der Nutzer mit:

E U, du bist ja mal der Oberknaller. Scheint so als wenn du mit „brauner“ Kohle zu tun hadt. Sceenshots sind doch was feines

Der Arbeitgeber wurde über den rechtsextremistischen Kommentar seines Arbeitnehmers informiert und kündigte hierauf das Arbeitsverhältnis fristlos. Mit seiner Kündigungsschutzklage versuchte sich der Arbeitnehmer gegen diese Kündigung zu wehren.

Wie entschied das Arbeitsgericht?

Das Arbeitsgericht erachtete die Kündigung als rechtmäßig. Der Arbeitnehmer sei auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Wenn der Arbeitnehmer volksverhetzenden Äußerungen in Kommentaren veröffentlicht und dabei den Namen des Arbeitgebers mit der Äußerung in Verbindung bringt, werden die Interessen des Arbeitgebers verletzt. Der Arbeitgeber müsste es nicht hinnehmen, mit volksverhetzenden Äußerungen in Verbindung gebracht zu werden.

Nach Ansicht des Gerichts spielte es darüber hinaus auch keine Rolle, dass allein wegen der technischen Einstellungen von Facebook die Verbindung zwischen dem Kommentar des Arbeitnehmers und dem Namen des Arbeitgebers hergestellt wurde. Denn nach dem Urteil des Gerichts war davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer Kenntnis von der Benennung des Arbeitgebers in seinem Facebook-Profil hatte.

Für die Praxis

Ich hatte bereits in meinem Beitrag vom 30.05.2019 über die Gefahren von beleidigenden Post auf Facebook informiert. Das Urteil zeigt, dass Meinungsäußerungen im privaten Bereich schnell zu Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis führen können. Allerdings stößt das Urteil des Arbeitsgerichts Herne bei einigen Landesarbeitsgerichten auf Widerspruch. Es sprechen hiernach gewichtige Argumente dafür, dass das Urteil in der Berufung aufgehoben worden wären. Allerdings wurde soweit erkennbar gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne keine Berufung eingelegt.

Gerade bei Meinungsäußerungen im privaten Bereich werden sehr hohe Anforderungen im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer hierauf gestützten Kündigungen gestellt. Die Meinungsfreiheit wird von den Gerichten weitgehend geschützt. Hierzu sind die Arbeitsgericht aufgrund Art. 5 GG verpflichtet. Arbeitnehmer müssen grundsätzlich nicht befürchten, für privater außerdienstlich geäußerter Meinungen arbeitsrechtlich belangt zu werden.Fehlt bereits der Bezug zwischen der geäußerten Meinung und dem Arbeitgeber gibt, kann das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht wegen der privaten Meinungsäußerung gekündigt werden.

Dennoch sollten Arbeitnehmer vorsichtig sein und darauf achten, dass nicht durch technische Einstellungen der Plattformbetreiber eine Verbindung zwischen der privaten Meinungsäußerung und dem Namen des Arbeitgebers wie im vorliegenden Fall geschaffen werden. Aufgrund der vielen offenen Rechtsfragen steigt das Risiko, sich plötzlich doch in einem Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht wiederzufinden.