Der grenzenlose Urlaubsanspruch… II

In meinem Beitrag vom 28.12.2019 hatte ich über einen grenzenlosen Urlaubsabgeltungsanspruch berichtet.

Kein Urlaubsverfall in der Vergangenheit

Der Europäische Gerichtshof hatte am 05.11.2018 entschieden, dass der Urlaub unter keinen Umständen untergehen kann, wenn der Arbeitnehmer nicht zuvor aufgefordert worden ist, seinen Urlaub zu nehmen. Das Bundesarbeitsgericht hatte hierauf entschieden, dass der Urlaub auf dieser Grundlage nicht verfällt und in das nächste Jahr übergeht. Wenn aber nun auch im Folgejahr der Arbeitgeber erneut seinen Arbeitnehmer nicht auffordert seinen neuen und auch alten Urlaub zu nehmen und auch nicht auf den drohenden Verfall hinweist, gehen sowohl der neue Jahresurlaub als auch wiederum der alte Urlaub aus den Vorjahren in das nächste Jahr über.

Hierdurch ist es möglich, dass sich in der Vergangenheit über Jahrzehnte hinweg Urlaubsansprüche angesammelt haben könnten. Scheidet der Arbeitnehmer nunmehr aus dem Arbeitsverhältnis aus, könnte er sämtlichen Urlaub der Vergangenheit in Form einer finanziellen Urlaubsabgeltung ersetzt verlangen.

Das Rennen ist eröffnet – Schlussspurt!

Das Bundesarbeitsgericht muss nun diese Frage entscheiden und hat mit Beschluss vom 29. September 2020 (Az.: 9 AZR 266/20 (A) ) dem Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung über die Frage ersucht:

Verjähren Urlaubsansprüche wenigstens nach 3 Jahre im Rahmen der regelmäßigen Verjährungsfrist?

Daher ist nunmehr davon auszugehen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union diese Frage abschließend entscheiden wird. Doch wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, ist ungewiss. Bis dahin bleibt die Frage für Arbeitnehmer und Arbeitgeber rechtlich ungeklärt und eröffnet somit ungeahnten Verhandlungsspielraum.

Die Zeit der Ungewissheit wird von Arbeitnehmern und Arbeitgeber nunmehr genutzt werden können, um sich auf halbem Weg zu einigen.

Denn eines ist klar: Entscheidet sich der Gerichtshof der Europäischen Union gegen eine Verjährung, können Arbeitnehmer eine finanzielle Urlaubsabgeltung von über Jahrzehnten nicht genommenen Urlaub verlangen.

Entscheidet sich der Gerichtshof der Europäischen Union für eine Verjährung, können Arbeitgeber sich hingegen über eine hohe finanzielle Entlastung freuen, da sich die Urlaubsabgeltung nur auf drei Jahre begrenzt und nicht auf Jahrzehnte.

Diese Unsicherheit bis zu einer nun zu erwartenden Entscheidung dürfte Anlass für neue Klagen geben.