Das Arbeitsrecht und die Zeitumstellung!

Was macht man mit einer zusätzlichen Stunde am Tag, die man durch die Umstellung von Sommerzeit auf Winterzeit erhält? Im Laufe des Lebens wird ein Jurist möglicherweise einmal den Versucht unternehmen, juristische Datenbanken nach dem Stichwort „Zeitumstellung“ zu durchforsten um dann erstaunt fündig werden. Im Jahr 1980 wurde die Sommerzeit eingeführt. Seither wird die Uhr am letzten Sonntag im März auf Sommerzeit um eine Stunde vorgestellt. Und am letzten Wochenende im Oktober wird die Uhr wieder um eine Stunde auf Winterzeit zurückgestellt. Keine 2 Jahre dauerte es, bis sich das Arbeitsgericht Mainz wegen dieser Zeitumstellung nun arbeitsrechtlich befassen musste. Über drei Jahre dauerte dann das Verfahren, bis das Bundesarbeitsgericht im Jahr 1985 ebenfalls in den Genuss der juristischen Auseinandersetzung wegen der Zeitumstellung kommen durfte. Vielleicht wird die zusätzliche Stunde aber auch dazu genutzt, schlaf nachzuholen…

Wegen 31,12 DM (15,91 €)? – Was war geschehen?

Der klagende Arbeitnehmer musste laut Dienstplan in der Nachtschicht von Samstag, dem 27. März 1982, 22:00 Uhr, bis Sonntag, dem 28. März 1982, 6:00 Uhr arbeiten. Da in dieser Zeit die Uhr auf Sommerzeit umgestellt wurde, arbeitete der Arbeitnehmer statt der üblichen 8 Stunden nur 7 Stunden. Laut dem anwendbaren Tarifvertrag war eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart. Tatsächlich arbeitete der Arbeitnehmer aber aufgrund einer Betriebsvereinbarung 42 Stunden in der Woche. In der Woche der Zeitumstellung arbeitete er daher „nur“ 41 Stunden.

In den beiden Jahren zuvor konnten die Arbeitnehmer die durch die Zeitumstellung verkürzte Nachtschicht bis 7:00 Uhr zu verlängern. Dieses Zugeständnis des Arbeitgebers wurde aber nur freiwillig und jederzeit widerrufbar gewährt.

Der Arbeitnehmer und weitere seiner Kollegen blieben nun am 28. März 1982 nach 6:00 Uhr eine weitere Stunde auf der Arbeit. Eine Anweisung oder gar ein Angebot hierfür gab es in diesem Jahr aber nicht mehr. Für diese Stunde verlangte er nun seinen Stundenlohn in Höhe von 31,12 DM. Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung.

Wie entschied das Bundesarbeitsgericht?

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 11.09.1985, Aktenzeichen: 7 AZR 276/83) lehnte die Klage des Arbeitnehmers ab.

Nach dem Dienstplan musste der Arbeitnehmer von Samstag, dem 27. März 1982, 22.00 Uhr bis Sonntag, dem 28. März 1982, 6.00 Uhr arbeiten. In dieser Zeitspanne gab es aufgrund der Zeitumstellung aber nur 7 Stunden. Daher mussten auch nur diese Stunden vergütet werden.

Es half dem klagenden Arbeitnehmer auch nicht, dass er laut Tarifvertrag in der Woche für 40 Stunden entlohnt werden musste. Denn da er in der streitigen Woche insgesamt 41 Stunden gearbeitete hatte (statt normal 42 Stunden), lag die geleistete Arbeitszeit bereits über der „vertraglich“ vereinbarten Arbeitszeit. Bei den üblichen 2 Mehrstunden (bzw. die 1 Mehrstunde in der streitigen Woche) handelte es sich bereits um Überstunden. Daher musste der Arbeitgeber auch aus diesem Gesichtspunkt nicht mehr bezahlen.

Auch die in den letzten beiden Jahren gewährte Möglichkeit der Verlängerung der Arbeitszeit konnte dem Arbeitnehmer nicht weiterhelfen. Denn da der Arbeitgeber die Möglichkeit zur Mehrarbeit nur freiwillig und jederzeit widerrufbar gewährt hatte, konnte eine betriebliche Übung nicht entstehen. Der klagende Arbeitnehmer blieb somit umsonst länger in seinem Betrieb.

Für die Praxis

Das Bundesarbeitsgericht hat es ausdrücklich offen gelassen, ob der Wegfall einer Stunde durch die Zeitumstellung in die Risikosphäre des Arbeitgebers fällt. Sollte dies der Fall sein, muss der Arbeitgeber die volle vereinbarte Vergütung für eine fest vereinbarte Wochenarbeitszeit zahlen. In diesem Fall könnte der Arbeitgeber aber die Nacharbeit der verlorenen Stunde anordnen.

Beispiel: Wenn eine feste Wochenarbeitszeit von z.B. 40 Stunden vereinabrt ist und wegen der Zeitumstellung nur 39 Stunden gearbeitet werden kann, müsste der Arbeitgeber insgesamt, wie vereinbart auch 40 Stunden bezahlen. Denn der Wegfall der Stunde durch die gesetzliche Zeitumstellung würde dann in die Risikosphäre des Arbeitgebers fallen.

Wenn der Wegfall einer Stunde durch die Zeitumstellung aber nicht in die Risikosphäre des Arbeitgebers fallen sollte, müsste der Arbeitgeber die Entfallende Stunde nicht zahlen. Auch wenn eine höhere wöchentliche Arbeitszeit vereinbart wurde.

Beispiel: Wenn eine feste Wochenarbeitszeit von z.B. 40 Stunden ist und wegen der Zeitumstellung nur 39 Stunden gearbeitet werden kann, müsste der Arbeitgeber nach dieser Auffassung insgesamt nur 39 Stunden bezahlen.

Diese Rechtsfrage ist soweit erkennbar vom Bundesarbeitsgericht noch nicht abschließend geklärt worden! Sie wurde in dem Urteil sogar ausdrücklich offen gelassen.

Bei der Umstellung der Zeit auf Winterzeit arbeiten Arbeitnehmer in der Regel 1 Stunde länger. Diese Stunde ist bei entsprechender Regelung als Überstunde zu entlohnen. Der Arbeitgeber könnte jedoch aufgrund seines Weisungsrechtes die Mehrstunde durch entsprechende Kürzung der Arbeitszeit an anderer Stelle wieder „neutralisieren“. Aber auch hier kommt es auf die konkreten Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, den Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen an.