Covid-19 (Coronavirus) und Arbeitsrecht

Bürgerinnen und Bürger sehen sich in diesen Tagen des März 2020 einer Vielzahl von Beschränkungen und Handlungsanweisungen durch Bundes- und Landesbehörden ausgesetzt. Zum Schutz vor den drohenden Folgen einer sich global ausbreitenden Virusinfektion wird die Bewegungsfreiheit beschränkt. Hierbei kommt es auch zu gravierenden Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse der Betroffenen. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber stellt sich hierbei je nach Fallgestaltung die Frage, wer für die finanziellen Folgen der Krise einzustehen hat. Besteht für Arbeitnehmer ein Anspruch auf Lohnfortzahlung? Können Arbeitgeber Ersatz ihrer Lohnkosten fordern?

 

Tatsächliche Erkrankung des Arbeitnehmers

 

Erkrankt der Arbeitnehmer an Covid-19 und kann deshalb nicht zur Arbeit erscheinen, liegt ein klassischer Fall einer Arbeitsunfähigkeit vor. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, seine vertragsgemäße Arbeit zu verrichten oder seine Arbeit nur unter der Gefahr fortsetzen kann, seinen Gesundheits- oder Krankheitszustand zu verschlechtern.

Daher liegt eine Erkrankung nur vor, wenn die Infektion mit Covid-19 zu Fieber, Bettlägerigkeit oder sonstigen körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen führt. Arbeitsunfähigkeit liegt somit vor, wenn die Arbeit aus körperlichen Gründen nicht mehr erbracht werden kann. Allerdings soll auch dann eine Erkrankung vorliegen, wenn der Betroffene Arbeitnehmer zwar seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringen kann, er aber eine  ansteckenden Krankheit hat (vgl. Dörner, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Auflage, § 3 EFZG, Rz. 10). Erkrankt der Arbeitnehmer daher tatsächlich an Covid-19, liegt nach der gegenwärtigen Lage eine Arbeitsunfähigkeit vor, ohne das es darauf ankommt, ob dies zur körperlichen Beeinträchtigungen führt. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber 6 Wochen Lohnfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz leisten muss.

 

Zahlt der Arbeitgeber während der Erkrankung Entgeltfortzahlung, kann er Ersatz seiner Lohnkosten nach dem Umlageverfahren U 1 beantragen.

 

Fernbleiben aufgrund behördlicher Anordnung ohne tatsächliche Erkrankung

 

Anders stellt sich der Fall dar, wenn der Arbeitnehmer nicht an Covid-19 erkrankt ist, aber er zur Abklärung aufgrund behördlicher Anordnung zu Hause bleiben muss (Quarantäne). Möglich wäre auch, dass ein berufliches Tätigkeitsverbot ausgesprochen wird. Den zuständigen Behörden steht ein breites Spektrum an Möglichkeiten aufgrund der §§ 28 ff. des Infektionsschutzgesetzes zur Verfügung. Alle Fälle haben gemeinsam, dass der Arbeitnehmer eigentlich nicht erkrankt ist und daher auch seine Arbeitsleistung erbringen könnte. Der Arbeitnehmer kann lediglich aufgrund behördlicher Entscheidung nicht zur Arbeit erscheinen. Welche Ansprüche bestehen?

Entgeltfortzahlungsgesetz?

In den Fällen behördlicher Anordnungen besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Denn dieses setzt einer Erkrankung voraus, die die Ursache der Arbeitsunfähigkeit ist.

 

Lohnanspruch bei vorübergehender Verhinderung gem. § 616 BGB?

Es könnte jedoch ein Anspruch gem. § 616 BGB auf Lohnzahlung bestehen. Nach dieser Vorschrift verliert der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf die Vergütung nicht, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert wird. Voraussetzung dieser Norm ist jedoch zunächst, dass die Anwendbarkeit der Vorschrift im Arbeitsvertrag nicht ausgeschlossen wurde. Durch Vereinbarung im Arbeitsvertrag kann diese Art der gesetzlichen Lohnweiterzahlung grundsätzlich ausgeschlossen werden. Weiter Voraussetzung ist zudem der Ausfall für nur eine kurze Zeit. Nach der Rechtsprechung beträgt dies nur wenige Tage.

Da die behördlichen Maßnahmen den Arbeitnehmer jedoch voraussichtlich über einen längeren Zeitraum von der Arbeit fernhalten, besteht hiernach in der Regel kein Anspruch auf Lohnzahlung nach § 616 BGB. Zudem findet § 616 BGB nur Anwendung, wenn der Verhinderungsgrund speziell in der Person des Arbeitnehmers liegt (z.B. Todesfall in der Familie; Krankheit des Kindes). Gründe, die sich auf einen größeren Personenkreis erstrecken oder objektiv gegeben sind, sind von § 616 BGB nicht umfasst (z.B. allgemeine Straßenverkehrsstörungen). In diesen Fällen besteht daher ebenfalls kein Anspruch auf Lohnzahlung bei vorrübergehender schuldloser Verhinderung.

 

Infektionsschutzgesetz (IfSG)

Nach § 56 IgSG kann der Arbeitnehmer eine Entschädigung verlangen, wenn er aufgrund behördlicher Maßnahmen nicht zur Arbeit gehen kann und hierdurch einen Verdienstausfall erlitten hat. Nach Absatz 5 der Vorschrift muss jedoch der Arbeitgeber für die ersten sechs Wochen die behördliche Entschädigungsleistung zunächst selbst übernehmen. In praktischer Hinsicht besteht somit ein Gleichlauf mit der Entgeltfortzahlung bei Krankheit. Der Unterschied liegt jedoch in dem Anspruch des Arbeitgebers auf Ersatz.

Der Arbeitgeber kann Ersatz von der Behörde verlangen. Hierzu muss allerdings ein Antrag gestellt werden. Der Antrag muss aber innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Beginn nach des Tätigkeitsverbots bei der zuständigen Behörde gestellt werden. Der Arbeitgeber muss daher bei der Antragstellung auf die Überholspur wechseln.

Die Frist läuft 3 Monate nach Beginn des Beschäftigungsvebots ab. Nicht nach dem Ende! Arbeitgeber sollten daher nicht zu lange warten. Sonst bleiben Sie auf dem Schaden dauerhaft sitzen.

 

Zusammenfassung

 

Arbeitnehmer erhalten so oder so mindestens für 6 Wochen ihren Lohn weiter. Arbeitgeber müssen jedoch entscheiden, ob sie Ersatz für ihre Kosten nach dem Umlageverfahren U 1 verlangen oder einen Antrag nach dem Infektionsschutzgesetz stellen müssen. Im letzteren Fall muss die Frist von 3 Monate ab Beginn der behördlichen Anordnung dringen eingehalten werden.