Unverhofft kommt oft!
Oder: Liegt doch ein Betriebsübergang von der Acciona Airport Services Frankfurt auf die WISAG AG am Flughafen Frankfurt vor?
Kürzlich habe ich über die Neuvergabe der Bodenabfertigungsdienste am Flughafen Frankfurt berichtet. Nunmehr wurde eine Entscheidung des EuGH (Europäischer Gerichtshof) bekannt, die sich erneut mit den rechtlichen Voraussetzungen eines Betriebsübergangs befasste. Der Fall weist Ähnlichkeiten mit der Neuausschreibung am Frankfurter Flughafen auf. Dies könnte daher auch für die Arbeitnehmer hier in Frankfurt relevant werden.
Die Portos dos Acores SA (Auftraggerber) in Ponta Delgada verwaltet die Häfen auf den Azoren. Die Aufgaben der Bewachung der Hafengebiete übernimmt sie dabei nicht selbst, sondern überträgt diese an Dritte Auftragnehmer. Hierzu wurde zunächst die Consultadoria de Aviação Comercial SA (ICTS) damit beauftragt, den ein- und ausgehenden Personen- und Warenverkehr per Videoüberwachung zu kontrollieren. Aufgrund einer Neuausschreibung erhielt die Securitas–Serviços e Tecnologia de Segurança SA (Securitas) ab dem 17.04. den Auftrag. Die Arbeitnehmer der ICTS wurden von der Securitas nicht übernommen. Es ist streitig, ob diverse Ausrüstungsgegenstände (Funkausrüstung) von ICTS an Securitas übergeben wurde.
Vor den portugiesischen Gerichten klagte nun einige Arbeitnehmer von ICTS und begehrten die Feststellung, das ihre Arbeitsverträge im Rahmen eines Betriebsüberganges auf Securitas übergegangen sind.
Der EuGH musste sich aufgrund einer Anfrage des nationalen Gerichtes zu den Voraussetzungen des Betriebsüberganges im vorliegenden Fall befassen. Hierbei bestätigte der EuGH, dass es keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zwischen Veräußerer und Erwerber geben muss. Es kann daher sowohl in dem entschiedenen Fall als auch in Frankfurt ein Betriebsübergang durch die Neuausschreibung vorliegen.
Der EuGH entschied zudem, dass in dem portugiesischen Fall die Arbeitnehmer nicht den wesentlichen Kern des Betriebes ausmachen, sondern die Ausrüstung und die materiellen und immateriellen Betriebsmittel (Dies darf jedoch nicht falsch verstanden werden. Die Arbeitnehmer sind natürlich ein wichtiger Faktor für den Betrieb. Es kommt aber nicht auf die Identität der Arbeitskräfte an, um den Betrieb zu „definieren“). Nach dem EuGH ist daher ein Betriebsübergang nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Arbeitnehmer tatsächlich nicht übernommen worden sind. Auch dies trifft soweit auf den Fall am Frankfurter Flughafen zu.
Es sind nun noch weitere Fragen von den portugiesischen Gerichten zu klären. Ein Betriebsübergang wird nach dem EuGH angenommen werden können, wenn von ICTS unmittelbar oder mittelbar Ausrüstung oder materielle oder immaterielle Betriebsmittel für die Ausübung der Bewachungs- und Sicherheitstätigkeiten an Securitas übertragen hat. Zudem wird es darauf ankommen, ob ICTS solche Betriebsmittel von der Hafenverwaltung zur Verfügung gestellt bekommen hat.
Auch bei der Neuausschreibung am Frankfurter Flughafen wird es darauf ankommen, welche Betriebsmittel und welche Ausrüstung vom Frankfurter Flughafen als Auftraggeber zur Verfügung gestellt wurden und welche Betriebsmittel und welche Ausrüstung von der Acciona Airport Services Frankfurt ggf. an die WISAG AG übertragen wurden. Liegt eine Übertragung vor oder wurden vom Frankfurter Flughafen Ausrüstungsgegenstände zur Verfügung gestellt, kann dies für einen Betriebsübergang sprechen. Dies hat dann zur Folge, dass die Arbeitsverträge ebenfalls kraft Gesetzes übergegangen sind.
Praktisch wird man sich folgende Fragen stellen: Wenn sich außer dem Unternehmensnamen und den Kollegen nahezu nichts ändert und sich alles anfühlt wie zuvor, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Betriebsübergang vor.
Die Entscheidung (Vorabentscheidungsersuchen des EuGH lautet: EuGH, Urt. v. 19.10.2017, Az.: C-200/16