Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – Benachteiligung wegen der sexuellen Identität

Allgemeine Einordnung

Die Gleichheit vor dem Gesetz und der Schutz aller Menschen vor Diskriminierungen ist ein Menschenrecht, das in Deutschland insbesondere in Artikel 3 des Grundgesetzes festgeschrieben ist. Im Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zum Staat binden die verfassungsrechtlichen Gleichheitssätze bereits alle Bereiche staatlichen Handelns (Drucksache 16/1780).

Mit dieser Begründung führte der Gesetzgeber im Jahr 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ein. Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Der Gesetzgeber formuliert damit einen Konsens der deutschen Gesellschaft zum Gesetz. Dieser umfasst den Gedanken, dass niemand mehr benachteiligt werden soll für das, was er ist, wenn er hiermit niemanden schädigt. Bisher galt dieser Grundsatz nur zwischen Staat und Bürger. Dieser Grundsatz soll nun auch zwischen den Bürgern selbst gelten. Wer daher bei dem Abschluss von Verträgen gegen diesen Grundsatz verstößt, muss mit Konsequenzen rechnen. Das AGG gilt auch beim Abschluss von Arbeitsverträgen. Wer einer Person den Abschluss eines Arbeitsvertrags nur aus den o. g. Gründen versagt, muss damit rechnen den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen.

 

Wichtige Information

Es gilt für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen eine Frist von zwei Monaten. Der Anspruch ist schriftlich geltend zu machen. Eine andere Frist kann gelten, wenn ein Tarifvertrag eine andere Regelung hierzu trifft. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Zudem muss innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist Klage erhoben werden.

Der Sachverhalt

 Im vorliegenden Fall bewarb sich eine transidente Person um einen Arbeitsplatz. Die Bewerberin wies männliche Geschlechtsmerkmale auf, fühlte sich jedoch dem weiblichen Geschlecht zugeordnet und trat nun auch mit erkennbaren weiblichen Merkmalen als Bewerberin auf. Sie wurde dem zukünftigen Arbeitgeber als Frau X angekündigt. Bei dem Vorstellungsgespräch trafen die Bewerberin und ein Vertreter des Arbeitgebers erstmals aufeinander. Der Vertreter erkannte die Bewerberin nicht, bis sich diese vorstellte. Der Vertreter äußerte sich hierauf mit den Worten: „Ich dachte, Frau W hat eine Frau M zum Gespräch angekündigt“. Hierauf erklärte die Bewerberin , dass sie Frau M sei und bestätigte dies im Verlauf des Gespräches ein weiteres mal. Dies veranlasste den Vertreter hinter der Tür nachzuschauen und so zu tun, als suche er eine Frau. Im weiteren Verlauf des Bewerbungsverfahren unterlag die klagende Bewerberin. Dies veranlasste die Bewerberin einen angemessenen Schadensersatz geltend zu machen.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht Mainz (Az.: 3 Ca 234/13) und das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz als Berufungsgericht (Az.: 7 Sa 501/13) wiesen die Klage ab. Das Bundesarbeitsgericht BAG) (Az.: 8 AZR 421/14) hob das Urteil zu Recht wieder auf und wies die Sache zu weiteren Feststellungen an das Landesarbeitsgericht zurück.
Das BAG stellte zunächst fest, dass eine Diskriminierung wegen Transsexualität vom AGG umfasst sei, auch wenn dies wörtlich nicht im Gesetz bezeichnet sei. Die Rechtsauffassung des LAG hierzu ist fehlerhaft. Darüber hinaus haben sich sowohl das Arbeitsgericht wie auch das Landesarbeitsgericht mit dem Prozessstoff nicht ausreichend auseinandergesetzt. Das LAG hat wesentliches Vorbringen der Klägerin schlicht ignoriert. Die Klägerin muss in dem Prozess Indizien vortragen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung vorliegt. Besteht hiernach nun eine Vermutung einer Benachteiligung , trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundatz nicht verletzt worden ist. Somit liegt eine Umkehrung der Beweislast vor.
Die zu zahlende Entschädigung nach dem AGG hat zugleich einen Strafcharakter. Wir kennen dieses Prinzip aus den USA. Dort haben Schadensersatzforderungen einen Strafcharakter. Der Schadensersatz soll nicht nur den Nachteil ausgleichen, er soll den Schädiger auch vor einer erneuten Schädigung abhalten. Daher ist der Schadensbetrag tatsächlich meist höher. In Deutschland ist uns dieses Prinzip fremd. Eine Ausnahme hiervon findet sich im AGG. Mit der Zahlung einer Entschädigung wird das Verhalten des Schädigers gleichzeitig durch eine höhere Zahlung sanktioniert.
Die Entscheidungen des Arbeitsgerichts Mainz und des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz sind erschreckend. Von einem Gericht kann erwartet werden, dass es sich jedenfalls mit dem Prozessstoff umfassend auseinandersetzt. Dies ist offensichtlich nicht geschehen. Beide Rheinland-Pfälzischen Gerichte haben den Anspruch des Bürger auf eine funktionierende Justiz nicht erfüllt.